"Jede Erziehung ist Selbsterziehung, und wir sind eigentlich als Lehrer und Erzieher nur die Umgebung des sich selbst erziehenden Kindes."
(Rudolf Steiner)
Das kleine Kind ist mit seinem natürlichen Bewegungsbedürfnis und mit großer Freude ständig in Bewegung. Seine seelische und geistige Befindlichkeit korrespondieren dabei mit der körperlichen Beweglichkeit und fördert ganz entscheidend den Spracherwerb. Etwas mit den Händen begreifen zu können, prägt die Wahrnehmung; sich aufrichten und gehen zu können, weitet den Erfahrungshorizont des Kindes und fördert den Sprachentwicklungsprozess.
In unserem Waldorfkindergarten achten wir darauf, dass sich die Kinder vielseitig grob- und feinmotorisch bewegen:
Im Gruppenraum und im Garten haben die Kinder täglich die Möglichkeit frei zu spielen und zu arbeiten, ebenso dazu gehören die täglichen angeleiteten Reigen- und Fingerspiele.
Zusätzlich finden wöchentlich statt:
Bewegungsstunden nach der Methode Elfriede Hengstenbergs
Elfriede Hengstenberg hat zu Beginn des letzten Jahrhunderts bereits als Gymnastiklehrerin gearbeitet. Ihre Lehrer waren Elsa Gindler und Heinrich Jacoby. Sie war auf der Suche nach einer Bewegungsschulung, die anhaltenden Erfolg bringt bis in den Alltag hinein. Sie wollte nicht mehr von außen Bewegungsmuster anlegen, die der Mensch in einer anderen Situation sofort wieder ablegt. Sie suchte nach einem Weg, den jeder individuell gehen kann. In der freien Bewegungsentwicklung des kleinen Kindes fand sie das Urbild dieses Weges. Unabhängig von Lob oder Belohnung erringt sich das Kind die Aufrechte, bringt sich ins Gleichgewicht und - geht! Wenn dem Kind dann Hindernisse zugemutet werden, es Erfahrungen machen und daraus lernen darf, wird es immer geschickter in seinen Bewegungen, immer sicherer steht es in der Welt. Es lernt auch fallen, springen und wie weit es gehen kann und wann es eine Pause braucht.
Von Novalis soll der Satz stammen: „ Stärke lässt sich durch Gleichgewicht ersetzen, und im Gleichgewicht sollte jeder Mensch sein, denn das ist der eigentliche Zustand seiner Freiheit.“.
Unter diesem Gesichtspunkt ist die Bewegungsarbeit nach Elfriede Hengstenberg ideal geeignet für Kinder, denn in der Bewegungsstunde wird den Kindern einmal in der Woche ein Angebot gemacht, das ihnen vollständige Gestaltungsfreiheit unter Einhaltung vorher bekannt gemachter Regeln ermöglicht. Die Kinder können in ihrem eigenen Tempo in einer vorbereiteten Umgebung arbeiten. Es gelten dabei diese Regeln: 1. Es wird barfuß gearbeitet. 2. Sich selbst und den anderen Zeit lassen – nicht drängeln, überholen oder schubsen. 3. Tu nur, was du dir selbst zutraust.
In den Bewegungsstunden findet auf zwei Ebenen etwas statt: Einmal lernen die Kinder sich selbst und ihre Bewegungsmöglichkeiten kennen und weiterentwickeln, andererseits ist durch das soziale Reglement ein Rahmen gegeben, den sie auch auf anderen Gebieten erfolgreich anwenden können. Auf der motorischen Ebene lernen die Kinder für ihr Tun Verantwortung zu übernehmen. Sie werden nicht angefeuert, an der Hand geführt oder besonders gelobt oder gar belohnt. So entsteht die Voraussetzung später selbständig lernen zu können.
Erst nachdem 1992 das erste Buch von Elfriede Hengstenberg „Entfaltungen“ erschienen ist, wurde diese Arbeit über Fachkreise hinaus bekannt. Heute unterstützen sogar die Unfallkassen zur Prophylaxe diese Arbeit in Kindertagesstätten. Die Basisgemeinde Wulfhagenerhütten baut die Materialien autorisiert und immer noch in Holz nach und hat sie auch durch den TÜV gebracht, so dass sie nun jedem zur Verfügung stehen.
Im Waldorfkindergarten Bad Nauheim wurde 2005 ein SpielRaum für Bewegung im Kindergarten gegründet. Durch Elternspenden konnten wir die Materialien und Klettergeräte der Wulfhagenerhütte erwerben.